Annette Frederking Bildungsarbeit für Mensch und Erde
© Annette Frederking
Diemel
DIE DIEMEL VON DER QUELLE BIS ZUR MÜNDUNG auf dem Diemelradweg Zum Jahresbeginn 2023 träumte ich vom Wasser und seinen Wesen. Damit begannen meine Reisen zu den Flussquellen, wurde ich zu einer Quellgängerin. In 2025 hatte ich das Vergnügen die Diemel auf ihren 111 km von ihrer Quelle im Rothaargebirge bei Usseln/ Willingen bis zu ihrer Mündung in die Weser in Bad Karlshafen zu begleiten. Es war bereits Herbst geworden, als ich mir diesen Wunsch erfüllen konnte. Ein phasenweise recht trockener Sommer hatte manche Seen sowie kleinere Bäche und Gräben der Region trocken fallen lassen. Es regnete, als wir starteten, und das Land nahm den herbstlichen Regen gerne auf. Trockene Seen während der Fahrt bei fallendem Regen zu sehen, verdeutlichte einmal mehr, wie sehr sich der Wasserkreislauf weltweit verändert und mit wie viel Aufmerksamkeit wir diesen Veränderungen begegnen sollten! Aus einem feuchten Wiesental tritt die Diemelquelle hervor und wird durch Steinsetzungen zu einem kleinen Bach zusammengeführt. In drei Stufen fällt das Quellwasser zwischen den Steinsetzungen Richtung Tal und das Wasser plätschert und gurgelt bei jeder Steinstufe in einer anderen Melodie. Gerne lauschte ich den drei Melodien des Quellwassers in ihrer Heiterkeit und Lebendigkeit! Es ist mir zur Gewohnheit geworden, den Quellen das Kinesiogramm der Friedenstaube zu schenken. Diesmal zeichnete ich es intuitiv mit einem Kiesel ins Wasser. Beim Schreiben denke ich, dass dies sehr passend war für den Ort, an dem Quellwasser und Steine so lebendig miteinander schwingen. Als die Quelle begleitendes Pflanzenwesen trat die Schwarzerle hervor, sowohl als ältester Baum vor Ort als auch als Saumgehölz. Unter dem Laub der Schwarzerle schimmerte das Quellwasser silbern. Mit viel Gefälle fließt die Diemel bergab. Vielleicht gab dies dem Fluss seinen Namen, denn er könnte sich von der indogermanischen Wurzel ‚dimo‘ ableiten, was hinabjagen bedeutet. Mühelos lief mein Fahrrad dem Gefälle und der Diemel folgend durch die Wälder. Hier in ihrem Oberlauf ist die Landschaft recht naturbelassen und dünn besiedelt. Der Fluss sucht sich seinen natürlichen Lauf. Doch bereits nach ca. 10 km wird das Wasser mit massiver Staumauer zur Wasserregulierung und als Wasserkraftwerk gestaut. Fotos: Diemelstausee mit Staumauer und Wasserkraftwerk Danach geht der Fluss schon in seinen Mittellauf über. Das Tal wird weiter, öffnet sich zur Warburger Börde mit typischen Kegelbergen wie dem Desenberg. Schließlich erreicht sie das sog. Tal der Schmetterlinge. Hier wird der Muschelkalk in ca. 50 m hohen Steilhangbereichen sichtbar, auf denen artenreiche Kalkmagerrasen gedeihen. Diese von der Diemel geformten Kalksteinhänge gehören zu den artenreichsten Biotopen Europoas! Alleine 100 Tagfalterarten sind hier zuhause. Schließlich berührt die Diemel bei Trendelburg den Rheinhardswald und damit das Land der Märchen und Sagen der Gebrüder Grimm. Die Trendelburg gilt als Burg der Riesin Trendula und von ihrem Burgturm, soll Rapunzel ihr langes, goldenes Haar hinabgelassen haben. Von Trendelburg führt die sog. Carlsbahntrasse nach Bad Karlshafen, wo die Diemel als erster linker Nebenfluss in die noch recht junge Weser mündet. Ich frage mich, welche vorherrschende Qualität das Wasser der Diemel verströmt und erhalte als Antwort: FREUNDLICHKEIT und die MAGIE der 3. Früher war die Diemel eine umkämpfte Grenzlinie. Heutzutage verbindet sie harmonisch und kooperativ über Grenzen hinweg. Hat sich ihre Wesensqualität der Freundlichkeit letztendlich durchgesetzt? So wie ihre Quelle schon mit drei verschiedenen Wassermelodien ihren Lauf beginnt, so ist auch ihre Mündung mit der Zahl 3 verknüpft, denn sie mündet nach 111 km (3 mal die Zahl 1) am Dreiländereck von NRW, Hessen und Niedersachsen in die Weser. Die Zahl 3 wirkt gestaltgebend in jedem Fluss, denn 3 Flussabschnitte, den Ober-, Mittel- und Unterlauf, formt das fließende Wasser in typischer Weise. In der Diemel scheint die Dreiheit, d.h. die drei, die eine Einheit oder Ganzheit bilden, potenziert zu schwingen. Sie ist eine der wenigen Flüsse, die ich bislang in ihrer Ganzheit erfahren durfte und sie lässt mich ganz lebensnah erfahren, warum der Lebenszyklus in vielen Kulturen als Dreiheit gesehen wird von: Wachsen - Fruchtbarkeit - Vergehen Kindheit - Erwachsenenalter - Alter Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft Anfang - Mitte - Ende Und jede der drei Lebensphasen oder der drei Abschnitte unseres Lebensflusses hat ihre ganz eigene Schönheit und Bedeutung! Copyright Annette Frederking Oktober 2025
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